Individuell oder universell - Framework vs. CMS

Unüberschaubarer Mark. Die Anzahl der angebotenen Lösungen im Bereich Content Management und Website-Entwicklung ist geradezu astronomisch. Unüberschaubar ist der Markt in der Branche und wer mit dem Gedanken spielt, für sein Unternehmen oder seine Organisation eine professionelle Website zu betreiben, ist leicht überfordert mit der Aufgabe, die geeignete Lösung zu finden. Dieser Artikel soll helfen, einige Grundsatzentscheidungen zu fällen, die anstehen, lange bevor eine konkrete technische Umsetzung angegangen werden kann.

Es existiert nicht die Lösung für alle. Wie überall kommt es zuerst darauf an, genau herauszuarbeiten, welchen Anforderungen das zu entwickelnde Webprojekt genügen soll. Dieser Prozess ist sehr komplex und soll hier nicht näher behandelt werden. Festzuhalten bleibt, dass eine genaue Bedarfsanalyse Grundvoraussetzung dafür ist, das Projekt erfolgreich und kosteneffektiv über die Runden zu bringen. Mit dem saloppen Spruch "Wir machen mal jetzt eine Website" ist es in keinem Fall getan. Zu unterschiedlich ist das, was einzelne Lösungsansätze zu leisten vermögen. Das Patentrezept für alle gibt es nicht. Leicht führt der allzuschnelle Weg in die Irre. Jede Stunde, die in die Bedarfsanalyse investiert wurde, spart ein Vielfaches davon an Entwicklungszeit.

Homepagebaukasten - nichts fürs Gewerbe. Wohl nur im privaten Bereich ist es eine Überlegung wert, sich die eigene Website schnell mal selbst zusammenzuklicken. Homepagebaukästen, wie sie von großen Providern angeboten werden, erscheinen auf den ersten Blick verlockend. Im Unternehmen oder der Institution sollten sich derart flüchtige Lösungen jedoch von selbst verbieten. Seriösität ist ein wichtiger Faktor im Umgang mit Kunden oder Klienten, und die wird durch Angebote von der Stange gewiss nicht generiert.

Also fallen selbst für die raschest mögliche Lösung Entwicklungskosten zumindest fürs Design an. Das gefällt dann in der Regel nach einem Jahr nicht mehr, zumal sich der Zeitgeist ständig ändert - alles geht von vorn los. Unterdessen hat die Konkurrenz schon den Shop am Laufen und steht mit treuen Kunden über den Newsletter in Kontakt. Ganz zu schweigen von den Marketinginformationen, die aus der Analyse des Klickverhaltens erwachsen. Jetzt muss doch die richtige Lösung her. Die verstrichene Zeit und das in die "Übergangslösung" investierte Geld sind verloren.

Individuell oder universell. Wer sich besser im Markt auskennt setzt von Anfang an auf die eigene professionelle Lösung. Hier bieten sich im wesentlichen zwei Varianten an: einerseits das fertige CMS als universelle All-in-one-Maschine, zum anderen die individulle Entwicklung des eigenen Projekts. Beide haben ihre Vor- und Nachteile.

Application Server und Content Management für Großunternehmen. Das Vermögen der Content Management Systeme, kurz CMS, ist in der heutigen Zeit gigantisch. Von der Verwaltung der Inhalte in beliebigen Formaten über komplexe Workflows bis hin zur Präsentation in einer Vielzahl möglicher Schnittstellen vermögen dieses Systeme alles. In der Zusammenarbeit mit Application Servern können Geschäftsprozesse direkt mit Mechanismen des Kundenmanagements gekoppelt werden. Die Vorteile sind unübersehbar.

Gigantisch sind jedoch nicht nur diese, sondern auch die realen Kosten, die für Entwicklung und Betrieb solcher Systeme anfallen. Schon die Aufwendungen für die Lizenzen proprietärer Software erreichen rasch sechsstellige Beträge. Dazu kommen noch besonere Anforderungen an die Infrastruktur, die Hardware, die Administration und nicht zuletzt umfangreiche Anpassungen, ohne die auch solche Systeme nicht zu betreiben sind. Darüber hinaus sind in der Regel Schulungen des Personals unumgänglich.

Sie lohnen daher eher für große Unternehmen und Organisationen, die sowohl im Internet als auch im Intranet eine große Zahl von Websites betreuen müssen, wo es eine starke Dynamik in der Inhalstgenerierung gibt, sehr große Datenbestände anfallen und ein globaler Kundenkreis etwa die Präsentation in den unterschiedlichsten Sprachen erfordert.

Individualität für den Mittelstand - Frameworks. Wem das zu überdimensioniert erscheint, der lässt sich das eigene Produkt nach Maß anfertigen. Hierbei bietet es sich an, eine Entwicklung auf der Basis von Frameworks anzustreben, für die keine Lizenzkosten anfallen. Qualitativ hochwertige Software dieser Kategorie gibt es reichlich. Zwar sind auch freie CMS erhältlich. Der Aufwand für deren Anpassung unterscheidet sich im Mittel jedoch nicht von dem für eine individuelle Entwicklung. Die Kompaktheit letzterer muss aber als einer der entschiedendsten Vorteile gegenüber CMS-Lösungen gelten.

Einige Vorteile individueller Systeme seien kurz aufgelistet:

  • sie sind schlank und nutzen nur jene Softwaremodule, die wirklich benötigt werden
  • daraus resultiert eine im Mittel bessere Performance
  • ebenso resultiert daraus ein deutlich geringerer Wartungsaufwand
  • im Gegensatz zu CMS sind individuelle Systeme toleranter gegenüber der gewählten Hostingumgebung
  • es gibt angepasste Oberflächen, die die realen Bedürfnisse vor Ort erfüllen, daraus resultiert in der Regel ein vernachlässigbarer Schulungsaufwand
  • in der Regel können Datenbankanbindungen nach Bedarf eingerichtet werden, die Anpassung an ein besonderes Datenbanksystem ist oft verhältnismäßig einfach
  • im Allgemeinen gibt es nur geringe Beschränkungen bei der Auswahl eines anzubindenden Shopsystems
  • es fallen keine Lizenzkosten an
  • für die gesamte Entwicklung übernimmt der unmittelbare Dienstleister die Gewährleistung, die insbesondere die Integration des Frameworks in das konkrete Projekt betrifft

Komplexität reduzieren. Content Management Systeme sind mächtig, aber auch sehr komplex. Eine Vielzahl von Features zur Nutzer- und Datenverwaltung oder der Bereitstellung, Bearbeitung und Präsentation von Content will überblickt und genutzt werden. Für beinahe jeden Anwendungsfall ist etwas dabei. Das bedeutet auf der anderen Seite jedoch auch, dass für jede konkrete Anforderung aus der Fülle der Optionen das Notwendige ausgewählt werden muss. Ohne Schulung rsp. Beratung ist das Personal damit leicht überfordert. In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass viele der vom Management euphorisch aufgenommenen Möglichkeiten aus den verschiedensten Gründen niemals genutzt werden.

Nur scheinbar paradox ist es, dass die Effektivität oft gerade mit sinkender Komplexität steigt. Wird der Nutzer zur Bewältigung einer Aufgabe nur mit dem wirklich dafür Notwendigen konfrontiert, kann er diese schneller erledigen. Intuitive Oberflächen etwa werden spätestens dann unpraktikabel, wenn die Anzahl der Icons das mit einem Blick erfassbare übersteigt. Übersichtlichkeit nicht nur in der Präsentation sondern erst recht bei der Erstellung von Inhalten wird immer mehr zu einem wichtigen Kostenfaktor.

Sicherheit wird oft vernachlässigt. Ein weiterer Vorteil individueller Entwicklung liegt in der besonderen Behandlung der Sicherheitsfrage. Fertige Lösungen wie CMS und Application Server brauchen immer eine dauerhafte Wartung. Sicherheitslücken müssen gestopft, Hackerangriffe abgewehrt werden. Diese häufen sich vor allem dort, wo weit verbreitete Softwaresysteme im Einsatz sind, so dass es relativ lukrativ ist, das erworbene Wissen über ein Sicherheitsloch auf breiter Basis anzuwenden; oft genug werden solche Installationen über Jahre mit den Default-Passwörtern betrieben. Diese Gefahr besteht bei individuell erstellten Systemen so gut wie nicht. Auch die relative Schlankheit solcher Anwendungen macht es leichter, aus der Sicherheitsperspektive den Überblick zu behalten.

Notwendigkeit. Im Einzelnen wird immer zu prüfen bleiben, welche Anforderungen konkret bestehen, was gewünscht und vor allem, was notwendig ist. Häufig lassen sich allein durch die Beschränkung aufs Wesentliche die notwendigen Investitionen um eine Größenordnung senken.